Melancholie
big waves

Eine merkwürdige Stimmung liegt im Raum. Ich denke an frühere Zeiten, Begegnungen, Musik. An Menschen, die schon gegangen sind, Abschiede, die ich nehmen musste, von Träumen, Hoffnungen, Wünschen. „Man darf nicht aufhören zu träumen“, so heißt es. Und ja, ich spüre die Abwesenheit der Träume körperlich und könnte nicht aufhören zu weinen.

Schnell versuche ich, mir dies nicht zu erlauben. Lenke mich ab, schaue irgendwas auf YouTube. Aber es funktioniert nicht, denn eben hier auf YouTube höre ich die Lieder, die von Abschied, von früheren Zeiten, von vergangenem Glück erzählen. Und auch von der Hoffnung, die stark ist, die einen weitertreibt. Es sind dieselben Künstler von früher, nur mit anderen Themen. So, als würden wir das Bedauern darüber teilen, dass nichts bleibt. Doch auch dunkle Zeiten sind vergangen, denn für sie gilt dasselbe: Sie bleiben nicht, sie machen irgendwann wieder Platz für etwas Anderes – vielleicht für etwas Helleres.

Schon fast impulsartig sehe ich auch das Neue, das Entstehende, Geschichten, Begegnungen und Möglichkeiten und versuche nicht darüber nachzudenken, dass es manchmal der Mühe nicht lohnt. Und auch die Zukunft erfüllt mich nicht mit Frieden. Schnell, digital und oberflächlich, so beschimpfe ich sie manchmal, ohne sie zu kennen, ohne mir die Mühe gemacht zu haben, sie zu gestalten.

Und dann spüre ich, wie die Melancholie übernimmt und die Kraft und Energie kehren zurück. Aus dem Bedauern wird Dankbarkeit für das Erlebte, Kostbarkeiten der Vergangenheit, Schätze, die mich tragen.

„Wir haben nur das Jetzt“, habe ich gelesen.

Ein Eichhörnchen sitzt vor mir, lässt sich nicht stören, sondern knabbert einfach weiter.

„Wir haben nur das Jetzt“, denke ich.

Die Stimmung ändert sich. Frühere Zeiten verblassen, werden zu Grundfesten, unerschütterlich. Die Zukunft ist unklar, doch die Zuversicht ist wieder da. Neugierig, voller Tatendrang, offen, gestalten, kreieren, dankbar sein, für das, was nicht mehr ist, weil es belastet hat und nun Platz für Neues gemacht hat.

„Das ist der richtige Spirit“, denke ich.

„Wir haben NUR das Jetzt“, denke ich.

„Wir haben das Jetzt, ohne nur“, denke ich.

Und nun – einfach so – weiß ich endlich, was damit gemeint ist.

Nur so ein Gedanke